EU macht Druck für Griechenland-Entscheidung

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pattanja

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EU macht Druck für Griechenland-Entscheidung

von pattanja am 27.04.2010 11:06

EU macht Druck für Griechenland-Entscheidung

Berlin - Angesichts der harten Haltung Deutschlands dringt die EU-Kommission auf eine rasche Entscheidung über die Milliarden-Hilfen für Athen: "Das wirtschaftliche und finanzielle Schicksal Griechenlands ist gerade in der Krise untrennbar mit dem Wohlergehen der übrigen Euro-Staaten verbunden".

"Wir sollten deshalb jetzt nicht zaudern, sondern beherzt stabilisierend in Griechenland eingreifen, um Schlimmeres zu verhindern", sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding der "Welt". Reding betonte, dass natürlich strengen Auflagen nötig seien.

Kommissionsvize Reding, die der christdemokratischen Partei in Luxemburg angehört, betonte, dass es im Eigeninteresse der EU sei, "Griechenland nicht tatenlos in den Staatsbankrott treiben zu lassen". "Eine Art staatliche Lehman-Brothers-Pleite könnte eine Kettenreaktion erzeugen und hätte katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen für ganz Europa." Das gelte vor allem für Deutschland, dessen Wirtschaft im Jahr Waren von mehr als 500 Milliarden Euro in die anderen EU-Staaten verkaufe und dessen Banken mit zu den wichtigsten Gläubigern der griechischen Staatsschulden gehörten.

Griechenland machte am Montagabend klar, dass es bis spätestens zum 19. Mai Hilfe braucht. Das Land könnte zahlungsunfähig werden, wenn es bis dahin keine neun Milliarden Euro findet, da dann entsprechende Anleihen fällig werden. "Das kritische Datum ist der 19. Mai. Bis dahin muss die Unterstützung aktiviert sein", sagte Finanzminister Giorgos Papakonstantinou im griechischen Parlament. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor klargemacht, dass es nur Hilfen geben könne, wenn sie an strenge Bedingungen geknüpft wird - bis wann es eine Entscheidung Deutschlands gibt, ist noch unklar.

Von den 30 Milliarden Euro, die die EU Athen für dieses Jahr in Aussicht stellt, soll Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro tragen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) soll 15 Milliarden zur Verfügung stellen - insgesamt beläuft sich das geplante Rettungspaket auf 45 Milliarden Euro an Notkrediten.

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz, kritisierte die deutsche Griechenlandpolitik scharf. Merkel habe die deutsche Öffentlichkeit über Wochen hinters Licht geführt, indem sie so getan hat, als würde Deutschland im Ernstfall nicht zahlen müssen, sagte der SPD-Politiker dem "Darmstädter Echo" (Dienstag). "Dabei habe jeder, der sich ein bisschen mit der Materie auskennt, wissen müssen, dass es anders kommt."

Zur Finanzhilfe für Griechenland sieht Schulz keine Alternative. "Die Spekulationen auf den Devisenmärkten richteten sich nicht nur gegen das Land, sondern gegen den Euro insgesamt. Hätten sie Erfolg, wären die nächsten Opfer wohl Spanien, danach vielleicht Italien oder Portugal", sagte Schulz. "Einen solchen Flächenbrand müssen wir verhindern. Das ist absolut im deutschen Interesse." Den Euro- Ländern und der EU-Kommission warf Schulz vor, zu spät reagiert zu haben. Diese unterlassene Hilfeleistung habe erst zu dem existenzbedrohenden Anstieg der griechischen Kreditzinsen geführt.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) verteidigte im "Tagesspiegel" (Dienstag) die Nothilfen für Athen: "Es ist eine notwendige Entscheidung, die an strenge Sparauflagen geknüpft ist", Der griechischstämmige FDP-Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis äußerte aber Zweifel, dass Griechenland bis Ende 2012 seine Neuverschuldung unter die erlaubte Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes drücken kann, wie dies von der EU-Kommission verlangt wird. "Unter rein wirtschaftstheoretischen Gesichtspunkten wird es verdammt schwer sein, dies zu schaffen", sagte er.

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Kefalonitissa
Gelöschter Benutzer

Re: EU macht Druck für Griechenland-Entscheidung

von Kefalonitissa am 27.04.2010 22:41

Hej Pattanja, schön, dass du diesen Artikel eingestellt hast. Endlich mal ein anderer Name als die üblichen drei Verdächtigen ;-)) Man kommt ja gar nicht mehr dazu, alles zu lesen, was momentan über Griechenland geschrieben wird. Und vielleicht sollte man es auch gar nicht, denn irgendwie macht es einen langsam fertig, oder?
Habe heute auch mal wieder alle möglichen Zeitungen online gelesen und bin erschlagen von den vielen GR-Schlagzeilen:
Nein, Deutschland stellt keinen Blanko-Scheck für Griechenland aus
Griechenland, die Ruine
Griechenland, ein Fass ohne Boden
Die Griechen haben nichts verstanden
Die Griechen müssen aus der Eurozone austreten, etc.
und dann natürlich die Bildzeitung. Die führen ja schon seit Wochen ihre ganz persönliche Hetzkampagne gegen Griechenland und fragten heute mit Großbuchstaben:

Warum zahlen wir den Griechen ihre Luxusrenten?

(mein erster Gedanke: Na, weil ihr zu blöd seid, sie für euch selbst zu fordern ;-). Aber Spaß beiseite, nachfolgend ein paar Zeilen zum Thema Rente, damit man mal sieht, was für eine Verdummung die Bildzeitung betreibt und das Schlimme ist, dass diese Zeitung von fast 10 Millionen Menschen tagtäglich gelesen wird.

Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) gab Anfang des Jahres folgende Daten zum Renteneintritt in verschiedenen Ländern Europas heraus (veröffentlicht in der Neuen Züricher Zeitung am 25.02.2010):

Griechenland (die angeblich Faulen!):
Gesetzliches Renteneintrittsalter: 65 Jahre (Männer) u. 60 Jahre (Frauen)
Tatsächliches Renteneintrittsalter: 62,4 Jahre (Männer) u. 60,9 Jahre (Frauen)

Deutschland (die angeblich Fleissigen!):
Gesetzliches Renteneintrittsalter: 65-67 Jahre (Männer u. Frauen )
Tatsächliches Renteneintrittsalter: 62,1 Jahre (Männer) u. 61 Jahre (Frauen)

Das heißt im Klartext, dass die deutschen Männer durchschnittlich sogar 3 Monate vor den griechischen Männern in Rente gehen!

Die absoluten „Lebensgeniesser“ aber sind die (fleissigen) Österreicher und die smarten Franzosen.
In Österreich ist eigentlich eine Rente mit 65 Jahren (Männer) u. 60 Jahren (Frauen) vorgesehen.
Die österreichischen Männer gehen aber durchschnittlich bereits mit 58, 7 Jahren (!!) in Rente und die Österreicherinnen mit 57,9 Jahren.

Und in Frankreich gibt es die gesetzliche Rente eigentlich erst mit 60 Jahren, aber die Franzosen ziehen es vor, sich bereits mit 58,7 Jahren in die Rente zu verabschieden und die Französinnen mit 59,5 Jahren.

Frage nun: wer ist hier eigentlich „faul“ in Europa?

Aber kommen wir zurück zur Bildzeitungsdarstellung. Luxusrenten in Griechenland? Wieviele Leute kennt ihr mit Luxusrenten in Griechenland? Ist schon komisch, ich kenne in Griechenland eigentlich nur Leute, die Renten zwischen 400 und 700 Euro im Monat bekommen. Ist das Luxus? Bitte meldet euch doch und erzählt, wo die meisten „Luxusrentner“ in Griechenland zu finden sind. Natürlich gibt es „Luxusrentner“ in Griechenland, aber die gibt es auch in Deutschland und in jedem anderen europäischen Land auch.
Die Bildzeitung schreibt weiter, dass die monatliche Höchstrente in Griechenland 2.538 Euro betrage, in Deutschland aber nur ca. 2.100 Euro.

Nachstehend die Ergebnisse einer Studie des „Instituts für Demoskopie Allensbach“ und der Postbank aus dem Jahre 2007 zum Thema Rente in Deutschland:

Deutschlands reichste Rentner wohnen im Rhein-Main-Gebiet und im Südwesten, die ärmsten in Mecklenburg-Vorpommern.
Im Bundesdurchschnitt verfügen Rentner über ein Netto-Haushaltseinkommen von 1.953 Euro im Monat. Spitzenreiter sind Rentner im Großraum Frankfurt und in Baden-Württemberg mit monatlich 2.207 Euro. Die Schlusslichter leben in Mecklenburg-Vorpommern und bekommen durchschnittlich 1.579 Euro.

Pensionierte Beamte beziehen mit 2.578 Euro im Monat die mit Abstand höchste Rente. Ehemalige Angestellte kommen auf durchschnittlich 2.009 Euro, ehemalige Selbstständige und Freiberufler bekommen ca. 1.951 Euro und Arbeiter etwa 1.710 Euro.
Wow, da kann man ja anfangen zu träumen ;-)).

Dann wird im obengenannten Bericht kritisiert, dass es in Griechenland in den Jahren 2004 bis 2006 eine Rentenerhöhung von 4% gab, in Deutschland die Renten aber um 0 % erhöht bzw. nicht erhöht wurden.

Ja soll man denn stolz darauf sein, wenn Renten nicht erhöht werden? Ist es nicht eher ein Armutszeugnis für einen angeblichen Sozial-Staat? Wenn ich allerdings die obigen deutschen (Luxus-)Renten sehe - na, dann kann man sich schon mal eine Nullrunde erlauben....

Soviel zum Thema Rente in Griechenland und Deutschland.

Die Stuttgarter Zeitung schrieb heute, dass es besorgniserregend sei, dass diese Bildzeitungskampagne vom „griechischen Faulenzer“ offenbar bei der Bevölkerung ankommen würde. Traurig!
Passend dazu die neueste Umfrage des Forschungsinstituts DIMA zum Thema Griechenland. 60% aller befragten Deutschen sind strikt gegen eine Hilfe für Griechenland. Ja, ja, es gibt wohl kein Volk auf dieser Erde, das sich so über „sein Geld“ und „seinen Marktwert“ definiert, wie die Deutschen.....

Das Verhalten Deutschlands ist für die anderen EU-Länder immer weniger verständlich. Wie titelte heute das Handelsblatt: „Merkel macht den (Finanz-)markt irre“. Durch ihr Zögern steigen die Zinsen für Griechenland immer höher. Wer gefährdet hier eigentlich die Stabilität des Euro? Griechenland oder Deutschland?

Der italienische Außenminister, Franco Frattini, sagte heute nochmals: Die Solidarität mit Griechenland muß an vorderster Stelle stehen.
Nun, auf diesem Ohr scheint Deutschland taub zu sein.

PS: Pattanja, immer daran denken, dass bei einem kopierten Artikel die Quellenangabe stehen muß, (z.B. Quelle: Stuttgarter Zeitung v. 27.04.10). Sonst könnte es vielleicht irgendwann zu einem Problem kommen (Urheberrecht!) ;-)

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