Türkei und Griechenland: Keine Freunde, aber Geschäftspartner
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Türkei und Griechenland: Keine Freunde, aber Geschäftspartner
von zazikilover am 17.05.2010 17:47Der Besuch Erdogans in Athen hat gezeigt: Die Türkei und Griechenland pflegen die alten Konflikte. Doch die wirtschaftliche Kooperation kommt rasch voran. Eine Entspannung in der Ägäis könnte es den Griechen zudem erlauben, ihre immensen Verteidigungsausgaben zurückzufahren.
ATHEN. Mit 21 Kooperationsabkommen im Gepäck – vom Umweltschutz über den Tourismus bis hin zu Bildung, Forschung und Kultur – sind der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan und seine 320-köpfige Delegation am Wochenende von ihrem zweitägigen Besuch in Athen zurückgekehrt. Bei den als „historisch“ bezeichneten Gesprächen Erdogans mit seinem griechischen Gastgeber Giorgos Papandreou gab es in den bilateralen Kontroversen wie dem Streit um die Wirtschafts- und Hoheitszonen in der Ägäis und der Zypernfrage aber keine Annäherung.
Die Premiers bekräftigten jedoch ihren Willen, in den seit Jahrhunderten von Krisen und Kriegen überschatteten Beziehungen ihrer Völker ein neues Kapitel aufzuschlagen. Die Regierungschefs sollen sich künftig einmal im Jahr, die Außenminister alle sechs Monate treffen. 17 Minister aus beiden Ländern umfasst der „Höchste Kooperationsrat“, eine Art gemischtes Kabinett, das regelmäßig tagen soll. An derart intensive politische Kontakte der beiden „Erbfeinde“ hätte noch vor wenigen Jahren niemand zu denken gewagt. Nach Meinung des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu haben die Beziehungen „unwiderruflich eine neue Qualität“ bekommen.
Der griechische Premier Papandreou hofft vor allem auf eine „Friedensdividende“ für sein verschuldetes Land: eine Entspannung in der Ägäis könnte es den Griechen erlauben, ihre immensen Verteidigungsausgaben zurückzufahren. Der Rüstungswettlauf mit der Türkei ist eine Ursache für die Finanzmisere. Beide Regierungschefs bekräftigten das Ziel eines Rüstungsabbaus, legten sich aber nicht fest.
Greifbarer sind die Früchte der griechisch-türkischen Annäherung in den Wirtschaftsbeziehungen. Der bilaterale Handel hat sich seit 2003 verdoppelt und erreichte im vergangenen Jahr ein Volumen von 2,6 Mrd. Euro. „Unser Ziel sind fünf Milliarden“, sagte Erdogan in Athen. Die Türkei ist der fünftwichtigste Exportmarkt der Griechen und gewinnt als Investitionsstandort an Bedeutung. Griechische Unternehmer haben bereits über sechs Mrd. Euro in der Türkei investiert. Fast die Hälfte der Summe entfällt auf die Übernahme der türkischen Finansbank durch die National Bank of Greece 2006. Enger wollen beide Länder auch im Tourismus zusammenarbeiten.
Kooperation im Energiesektor
So wollen die Fremdenverkehrsbehörden den chinesischen Markt, der in den nächsten Jahren ein großes Wachstum verspricht, gemeinsam beackern. Weitere wichtige Kooperationsfelder sind der Bausektor und die Energiewirtschaft. Türkische und griechische Unternehmen planen den Bau gemeinsamer Kraftwerke. Auch von der wachsenden Bedeutung der Türkei als Korridor für Westeuropas Energieversorgung hofft Griechenland zu profitieren.
quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/international/tuerkei-und-griechenland-keine-freunde-aber-geschaeftspartner;2582267