Supermacht Griechenland ;-)
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Kefalonitissa
Gelöschter Benutzer
Supermacht Griechenland ;-)
von Kefalonitissa am 01.02.2010 23:11etwas lustig, etwas ernst: Auszug eines Artikels in der Zeitung: Junge Welt 01.02.2010
Supermacht Griechenland
Von Heike Schrader, Athen
Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man sich derzeit beim Lesen der täglichen Kommentare zur griechischen Staatskrise schier totlachen. Nie hatte das kleine Griechenland, dessen Stimme in der EU seit deren Bestehen keine nennenswerte Bedeutung gehabt hätte, einen angeblich größeren Einfluß als jetzt. Die Griechenland angelastete Bedrohung des Euro hat dem Land den Status einer Supermacht verliehen.
»Sprengstoff in der Währungsunion«, alarmierte die FAZ Ende Januar, »Griechenland bedroht deutschen Aufschwung«, orakelte Die Welt. Spekulationen über eine mögliche Kreditaufnahme bei den Chinesen versetzt das Land gar in den Status, gleich die ganze EU fremden Interessen ausliefern zu können: »Griechenland: Chinas neuester Trojaner« titelte die Financial Times Deutschland. Das wär’ gerade so, als ob China, als das Land mit den weltweit größten Dollarreserven, deshalb nennenswerten Einfluß auf die US-Politik hätte.
Gleichzeitig wird ungeheurer Druck aufgebaut. Eine Finanzhilfe für Griechenland käme nicht in Frage, das Land müsse vielmehr »aus eigener Kraft« mit den Schulden fertig werden. Wie das geschehen soll, wird aber selbstverständlich nicht den Griechen überlassen, sondern von den internationalen Interessenvertretern des Finanzkapitals festgelegt: Einstellungstopp im Staatssektor, Absenkung der im EU-Vergleich ohnehin geringen Löhne und Gehälter (bei Lebenshaltungskosten, die mittlerweile nicht mehr weit von denen in der Bundesrepublik Deutschland liegen), Lockerungen beim Kündigungsschutz, Erhöhung der Lebensarbeitszeit, Privatisierung von Staatsunternehmen. Die ganze Palette der erprobten Maßnahmen, die seit Jahren zu höherer Arbeitslosigkeit, geringerer Inlandskaufkraft, Massenverarmung auf der einen Seite und Anhäufung von riesigen Vermögenswerten in den Händen weniger Finanzoligarchen geführt haben.
.......Völlig ausgeblendet wird auch die Rolle der reichen EU-Staaten an den Schwierigkeiten ihrer »Schmuddelkinder«. Die EU könne es sich nicht leisten, ein halbes Dutzend Mitgliedsstaaten mit Hilfen vor dem drohenden Staatsbankrott zu retten, schrieb Werner Mussler am 29. Januar in der FAZ.
Wie seine Amtskollegen in den Führungsstaaten der EU lehnt auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle Finanzhilfen für Griechenland ab. Ganz so, als hätten eben diese Staaten nicht ihren Teil dazu beigetragen, die schwächeren Länder in die Krise zu treiben.
Nur ein Beispiel: Rund zwei Milliarden Gewinn vor Steuern zog die Deutsche Telekom 2009 aus ihren Anteilen am griechischen Telefonkonzern OTE. Für diesen Gewinn waren bei OTE massiv Arbeitsplätze abgebaut und mehrere tausend Angestellte in die Frührente entlassen worden. Auf Kosten des griechischen Staates, nicht etwa auf Kosten der Deutschen Telekom.
Griechenland bedroht den deutschen Aufschwung? Griechenland ist Chinas neuester Trojaner?
Die Wirklichkeit sieht anders aus.