Steuersünder müssen endlich zittern

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zazikilover
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Steuersünder müssen endlich zittern

von zazikilover am 14.08.2010 12:17

Jetzt wird's ernst für viele Griechen: Das Land geht verstärkt gegen Steuersünder vor. Dabei machten es die Gesetze den Betrügern bislang leicht. Und Steuerfahnder drückten gerne mal alle Augen zu, wenn es dafür ein paar Geldscheinchen gab.

n Griechenland läuft vieles wie geschmiert. (Bild: dpa)
ATHEN - Ein Beweis noch, und Griechenland ist wieder ein Stück vorangekommen. Ein Baustein fehlt der Steuerfahnderin, dann kann sie eine große US-Pharmafirma, deren britische Tochter und eine Vielzahl von griechischen Ärzten wegen Steuerbetrugs anklagen. "Alles, was ich noch brauche, ist ein Beispiel, dass überhöhte Preise verlangt wurden", sagt die 40-Jährige, die in den vergangenen Monaten mit einem Kollegen durch Berge von Akten, beschlagnahmten Computerdaten und Bankauszüge griechischer Ärzte gepflügt ist. Ihr Verdacht: Durch Betrug sollen dem griechischen Staat Millionenkosten entstanden und Steuern in großem Stil entgangen sein.
Der Fall ist nur ein Gefecht in Griechenlands neuer Schlacht gegen Steuersünder - aber der Krieg verspricht satte Beute. Nach Berechnungen von Eurostat nimmt das südosteuropäische Land gemessen an seiner Wirtschaftsleistung so wenig Steuern ein wie kein anderer Staat in der Euro-Zone. Der Schwarzmarkt kommt nach Angaben der Weltbank auf fast ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts von 240 Milliarden Euro, in Italien sind es zum Vergleich 27 Prozent, in Deutschland 15 Prozent. Nun hat die Regierung in Athen im Gegenzug für die internationalen Milliardenhilfen von Internationalem Währungsfonds und Europäischer Union zugesagt, Steuersünder in ehrliche Bürger zu verwandeln und den Korruptionssumpf trockenzulegen.

Regierung ruft Revolution aus

Wenn es gelingt, winken dem griechischen Fiskus nach Berechnungen der Bank National Mehreinnahmen von bis zu neun Milliarden Euro jährlich. Das entspricht 3,8 Prozent der Wirtschaftsleistung - oder mehr als einem Drittel der Summe, die die Regierung in Athen binnen der kommenden vier Jahre einsparen will. Aber es geht nicht nur ums Geld. "Wir haben heute zu einer Revolution aufgerufen", sagte Ministerpräsident Giorgos Papandreou Ende Juni. Seine Regierung will die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Staat und seinen elf Millionen Bürgern auf eine neue Grundlage stellen. "Die Krise gibt uns die Chance, das zu verändern, was seit Jahrzehnten verändert werden soll", sagte Papandreou.Dazu gehört auch das chronisch korrupte Gesundheitssystem. Mit ihrem pinkfarbigen T-Shirt, hochhackigen Schuhen und glitzernden Kreolen am Ohr sieht die Steuerfahnderin nicht aus wie eine Revolutionärin. Ihr Kampf spielt sich im Stillen ab. Heute sind ihr Ziel die örtlichen Vertreter der US-Pharmafirma und ihres britischen Ablegers: Sie sollen Krankenhausärzte bestochen haben, damit diese überteuerte Medikamente und andere medizinische Produkte kaufen. Die Arznei für griechische Patienten kostet teilweise siebenmal so viel wie sonst üblich. Ärzte sollen wiederum ihre Zusatzeinnahmen vor dem Fiskus versteckt haben. Es ist nicht das erste Mal, dass die Branche unter Verdacht steht: Erst im Mai wurden 68 Top-Mediziner der Steuerhinterziehung überführt.

Doch nicht nur in Krankenhäusern und Praxen ist der Betrug am Staat an der Tagesordnung. Einzelhändler kleben üblicherweise zwei Preise auf ihre Produkte - einmal mit und einmal ohne Mehrwertsteuer. Straßenhändler verzichten ganz auf Quittungen. Nach Jahrzehnten, in denen sich die politische Klasse auf Kosten des Staates bereichert hat, hat auch der einfach Grieche kaum etwas gegen Steuerhinterziehung. Jeder zweite Landwirt etwa rechnet sich laut einer Studie der London School of Economics (LSE) in der Steuererklärung ärmer als er ist. Dabei sind den Statistiken zufolge ledige Männer offenbar größere Sünder als Single-Frauen.

Steuerberater klagen über undurchsichtige Gesetze

Erleichtert wird der Steuerbetrug nicht zuletzt dadurch, dass ein großer Teil der Griechen nicht auf den Lohnlisten größerer Firmen steht: Jeder Dritte arbeitet auf eigene Rechnung oder für einen Familienbetrieb. Ihr Anteil ist damit mehr als doppelt so groß wie in der gesamten Euro-Zone. "Leute, die nicht im Gehaltsverzeichnis stehen, können ihr Einkommen leicht niedriger angeben", sagt Dimitris Karantinos, Forschungsdirektor beim Griechischen Nationalen Zentrum für Sozialforschung. "Wir haben keine vernünftigen Möglichkeiten, das zu kontrollieren."
Auch die Fahnder sind allzu oft selbst Teil des Problems. Nach Erkenntnissen von Amnesty International gehört der Fiskus zu den drei staatlichen Behörden, die am häufigsten Schmiergeld verlangen. Bei der Summe steht er sogar an der Spitze: Im Schnitt lassen sich die Steuereintreiber 1684 Euro in die Hand drücken. "Die Korruption bei Finanzbeamten ist weit verbreitet", sagt Abraham Panidis, Präsident einer griechischen Steuerberater-Vereinigung. "Ein Ergebnis ist, dass noch mehr Menschen Steuern hinterziehen - aber es geraten auch die in Schwierigkeiten, die ehrlich versuchen, ihre Bücher in Ordnung zu halten."

Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1281517284656.shtml

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Matiamou
Gelöschter Benutzer

Re: Steuersünder müssen endlich zittern

von Matiamou am 16.08.2010 08:37

"Es bezahlt wieder nur der kleine Mann"

Etwa 300 Milliarden Euro Staatsschulden hat Griechenland. Das entspricht mehr als 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Anteil der Schulden bei 69 Prozent des BIP. Und dazu noch ein dramatisches Haushaltsdefizit - der griechische Staat stand im Frühjahr kurz vor der Pleite und konnte nur durch milliardenschwere Kredite des Internationalen Währungsfonds IWF und der Euro-Länder gerettet werden. Die Kredite sind an Bedingungen verknüpft. Die wichtigste: Das Land muss seine Ausgaben kürzen. Die Konsequenz: Die Regierung kürzte für staatliche Angestellte sowie Rentner die Bezüge und erhöhte massiv Steuern.

Gaby Zoannou (Bild: Steffen Wurzel) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: "Die Leute mit den dicken Autos werden wieder nicht geschnappt", sagt Gaby Zoannou. ]
Das trifft so gut wie alle Griechen. Wobei viele die Sorge haben, dass die eigentlichen Verursacher der Schuldenkrise wieder mal davon kommen werden. "Das, was die Leute jetzt so unheimlich aufregt, ist: Es bezahlt wieder mal nur der kleine Mann", sagt die gebürtige Münsteranerin Gaby Zoannou. Sie lebt seit mehr als 30 Jahren in Griechenland und arbeitet als Verkäuferin. "Es bezahlt der Rentner, der 600 Euro im Monat bekommt - der bezahlt den Mist. Und die ganzen Rechtsanwälte, die Ärzte und die Leute, die mit Porsche und Jaguar und anderen dicken Autos in der Gegend herumfahren, die werden wieder nicht geschnappt."

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Kefalonitissa
Gelöschter Benutzer

Re: Steuersünder müssen endlich zittern

von Kefalonitissa am 16.08.2010 12:30

@Matiamou:
Es bezahlt der Rentner, der 600 Euro im Monat bekommt - der bezahlt den Mist. Und die ganzen Rechtsanwälte, die Ärzte und die Leute, die mit Porsche und Jaguar und anderen dicken Autos in der Gegend herumfahren, die werden wieder nicht geschnappt."
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Ja, ich bin auch hin- und hergerissen. Auf der einen Seite macht die Regierung zur Zeit wirklich eine "Jagd" auf Steuersünder, vor allem wohl im Athener Raum, aber wenn ich mir so die riesigen Villen der Notare, der Anwälte und Ärzte in Kefalonia anschaue, dann frage ich mich, ob die wirklich irgendwann mal zur Rechenschaft gezogen werden. Ich glaub's nicht!
Und wie sagt man immer: der Fisch stinkt vom Kopf , dass heißt, wie läuft es denn gerade mit der Strafverfolgung von ehemaligen Regierungsleuten????? Ich bin sicher, es wird alles im Sande verlaufen und irgendwann werden eventuelle Prozesse eingestellt werden :-( Ist doch überall das Gleiche. Man schnappt sich eine Person (z.B. Thassos Mandelis), der wird vielleicht zu irgend etwas verurteilt und danach nichts mehr. Das Volk hat man "besänftigt" und danach ist dann Schluß mit weiteren Aktivitäten seitens der Strafverfolger :-(

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