Steuerhinterziehung in Griechenland Am Pranger im Dienste der Zahlungsmoral

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zazikilover
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Steuerhinterziehung in Griechenland Am Pranger im Dienste der Zahlungsmoral

von zazikilover am 30.07.2010 10:16

Während in Griechenland wieder einmal gestreikt wird, sollen die Steuerfahnder dafür sorgen, dass Milliarden in die leere Staatskasse kommen. Sie gehen dabei mit großem Eifer und mit ungewöhnlichen Mitteln vor. Es gibt sogar eine Hotline zum Denunzieren.

Gegen die Sparpolitik wird in Griechenland derzeit häufig gestreikt
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Es ist längst zum Ritual geworden: Kurz vor der Verabschiedung von Arbeitsmarktreformen wird in Griechenland gestreikt. In dieser Woche sind es die Transportunternehmer und Lastwagenfahrer, die Griechenlands Wirtschaft durch ihren Ausstand schädigen und dem Tourismus mitten in der Hochsaison schaden. Sie wollen ein Gesetz verhindern, mit dem die griechische Regierung die bisher monopolähnliche Stellung der Speditionsunternehmer beenden und freien Wettbewerb ermöglichen will.

Doch anders als früher wird der Streik Weniger auf Kosten Vieler keinen Erfolg haben. Unter dem Druck der Umstände fährt Ministerpräsident Georgios Papandreou, der noch im Wahlkampf im vergangenen September mit dem Füllhorn sozialstaatlicher Versprechen umherging, einen unbeirrbaren Kurs. Was in der Macht der Regierung steht, wird getan.

In dieser Woche streiken die Transportunternehmer und Lastwagenfahrer
Sehr schnell soll sehr viel Geld in die Kassen kommen

Vor kurzem wurden auch die lange vakanten Führungsposten der reformierten nationalen Statistikbehörde in Athen besetzt. Der neue Vorsitzende der Behörde, die künftig zumindest auf dem Papier unabhängiger arbeiten soll als zuvor, ist Andreas Georgiou, der früher stellvertretender Chef der statistischen Abteilung des Internationalen Währungsfonds war und seinen Doktortitel an der University of Michigan erwarb.

Sein Stellvertreter Nikolaos Logothetis studierte Statistik an den Universitäten von Nottingham und Sheffield. Die beiden Männer sollen dafür sorgen, dass die schlechten Zahlen, die Griechenland auf absehbare Zeit produzieren wird, künftig wenigstens verlässlich sind.
Ein anderer wichtiger Mann im Räderwerk der Regierung Papandreou ist Ioannis Kapeleris. Als Chef einer dem Finanzministerium zugehörigen Behörde, deren Bezeichnung sich als „Einheit zur Verfolgung finanzieller Delikte“ übersetzen lässt, soll er dafür sorgen, dass Griechenland sehr schnell sehr viel Geld in die Kassen bekommt, da Rentenreform, Arbeitsmartderegulierung und andere Strukturmaßnahmen erst mittelfristig Wirkung zeigen werden.

Vor allem der Kampf gegen Steuerhinterziehung in Griechenland, einem armen Staat mit vielen reichen Bürgern, soll dafür sorgen, dass der kurzfristige finanzielle Bedarf der Regierung gedeckt wird. Laut einer Studie der griechischen Nationalbank kann das Land durch eine wirkungsvolle Bekämpfung der Steuerhinterziehung jährlich zusätzliche Einnahmen von neun Milliarden Euro erzielen.

Kapeleris stehen für diese Aufgabe 1300 Mitarbeiter in allen Regionen des Landes zur Verfügung. Auf Nachfrage gibt er zwar zu, dass auch er eine „politische Ernennung“ ist, denn sein großer Karriereschritt gelang ihm erst nach dem Wahlsieg von Papandreous Panhellenischer Sozialistischer Bewegung im vergangenen Herbst. Vorher war der Finanzbeamte in einer untergeordneten Abteilung tätig. Aber dieser Umstand habe keinerlei Einfluss auf seine Arbeit, versichert Griechenlands erster Steuerfahnder: „Unsere Aufgaben sind die Aufdeckung von Steuerhinterziehung, Geldwäsche und illegalem Handel. Aber vor allem geht jetzt darum, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass die Aufrufe des Staates zur Steuerehrlichkeit ernst gemeint sind“, sagt Kapeleris.
Denunziationstelefon des Finanzministeriums
Griechenlands Finanzminister Papaconstantinou mit dem neuen Chef der reformierten nationalen Statistikbehörde, Andreas GeorgiouGriechenlands Finanzminister Papaconstantinou mit dem neuen Chef der reformierten nationalen Statistikbehörde, Andreas Georgiou

Dazu gehört auch eine Zahl - die 1517. Unter dieser Telefonnummer können die Griechen Mitbürger anschwärzen, die sie der Steuerhinterziehung verdächtigen. Über das Denunziationstelefon des Finanzministeriums kamen allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 3500 Hinweise. „Etwa ein Drittel der Anrufe richtet sich gegen Ärzte“, berichtet Kapeleris. Viele Griechen beschweren sich, dass ihre Ärzte ihnen immer noch keine Quittungen ausstellen wollen, obwohl die Patienten solche Nachweise für ihre eigenen Steuererklärungen benötigen.

Einige greifen daher nach einem Besuch in der Praxis zum Telefon und wählen die 1517. Viele rufen allerdings lieber Herrn Kapeleris direkt an. Es ist kaum möglich, fünf Minuten ungestört mit ihm zu sprechen, denn ständig klingelt sein Mobiltelefon. Fast immer sind es Bürger, die einen vermeintlichen Steuerbetrüger anzeigen wollen. Ioannis Kapeleris hört ihnen geduldig zu, schreibt alles auf und reicht die Notizen an seine Mitarbeiter weiter.

Griechenlands Finanzminister Papaconstantinou mit dem neuen Chef der reformierten nationalen Statistikbehörde, Andreas Georgiou
Er wisse auch nicht, woher die Leute seine Mobiltelefonnummer haben, seufzt er, zeigt dann aber Verständnis für die Anrufer: „Es ist eine allgemeine Stimmung in der Bevölkerung: Die Leute leiden unter den Sparmaßahmen, und sie fordern Gerechtigkeit. Sie wollen, dass jeder seinen Teil beiträgt und dass niemand sich drückt. Früher kamen viele einfach davon. Berühmte Ärzte oder die Besitzer von Luxusautos zum Beispiel. Niemand hat sich um sie gekümmert.“ Die Einheit zur Verfolgung finanzieller Delikte hat daher auch eine wichtige politische Funktion. Sie soll der Öffentlichkeit deutlich machen, dass niemand geschont und die Reformpolitik nicht nur auf dem Rücken der Durchschnittsbürger ausgetragen wird.

Schon mehrfach haben die Fahnder Listen mit Namen von besonders impertinenten Steuerhinterziehern in bestimmten Berufsgruppen veröffentlicht.

In dieser Woche streiken die Transportunternehmer und Lastwagenfahrer
Vor wenigen Tagen kündigte Finanzminister Papakonstantinou an, dass sein Ministerium in Kürze weitere Namen nennen werde. Herr Kapeleris erklärt, was es mit dieser zeitgenössischen Art des Prangers auf sich hat: „Es geht darum, jedem deutlich zu machen, dass Steuerhinterziehung kein harmloses oder sogar akzeptables Vergehen ist.“

Um möglichst viele Bürger zur Selbstanzeige zu treiben, sorgt Kapeleris dafür, dass die meisten Methoden seiner Fahnder öffentlich werden. Fast alle Griechen wissen inzwischen, dass Kapeleris´ Männer mit den Satellitenbildern von „Google Earth“ jeden Straßenzug nach unangemeldeten privaten Schwimmbädern untersuchen. Eine seit längerem existierende, aber bisher kaum genutzte zentrale Datensammelstelle, in der die Angaben aller Steuerzahler erfasst sind, soll weitere Ungereimtheiten aufdecken. Wer ein Luxusauto besitzt, laut Steuererklärung aber nur knapp über dem Existenzminimum lebt, bekommt da schon mal überraschenden Besuch von Kapeleris´ Leuten.

Protest gegen das Sparprogramm der griechischen Regierung in Athen
Vor wenigen Tagen veröffentlichten die Steuerfahnder die vorläufigen Ergebnisse ihrer Arbeit für das erste Halbjahr: Demnach konnte der Staat aus Strafgebühren und Nachzahlungen in den ersten sechs Monaten des Jahres 1,83 Milliarden Euro eingenommen, mehr als das doppelte im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009 (895 Millionen Euro). Mehr Geld dürfte bald fließen: In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Informationstechnologie wurden knapp 1000 Personen ausgemacht, die den Wert ihrer Immobilien nicht korrekt angegeben haben. Wenn sie nicht bis zum kommenden Dienstag die ihnen auferlegten Steuernachzahlungen leisten, wird der Gerichtsvollzieher einschreiten.

Für großes Aufsehen sorgte, dass die Einheit zur Verfolgung finanzieller Delikte auch im Finanzministerium selbst tätig wurde. Mehrere Finanzbeamte wurden ihrer Posten enthoben, etwa siebzig wurden an andere Dienstorte versetzt. „Jedes lokale Steuerbüro muss bestimmte Einnahmeziele erfüllen. Wenn diese Ziele verfehlt werden, wird zunächst gefragt, woran es lag. Vielleicht hat ein großer Betrieb im Einzugsbereich des Büros zugemacht, oder es gab zu wenig Beamte in der Steuerbehörde. Aber wenn es keine überzeugende Erklärung gibt, werden die Leute ausgetauscht“, erläutert Ioannis Kapeleris.

Ministerpräsident Georgios Papandreou
Derzeit werden mehrere Dutzend anonym eingegangene Beschwerden über das Verhalten Zollbeamten untersucht. Die Vorwürfe lauten auf Korruption, Dokumentenfälschung und Schmuggel. Die Behörde vergleicht auch den Immobilienbesitz von Steuerbeamten mit deren Steuererklärungen, um „möglichen Diskrepanzen“ auf die Spur zu kommen, wie es unlängst in einer Mitteilung des Finanzministeriums hieß.

Die vorläufigen Untersuchungen haben in siebzig Fällen Hinweise auf „mögliche Diskrepanzen“ ergeben: Die Beamten, deren finanzielles Gebaren nun näher untersucht wird, besitzen bei einem angegebenen Jahreseinkommen von weniger als 51.000 Euro Immobilien im Wert von 800.000 bis drei Millionen Euro. Wie es sich für einen Chef gehört, nimmt Ioannis Kapeleris seine Beamten allerdings bis zu Beweis des Gegenteils in Schutz: „In der Öffentlichkeit wird das falsch verstanden. Unsere Ermittlungen bedeuten nicht, dass die untersuchten Beamten Steuerbetrüger sind.“ Es könne schließlich durchaus auch Erben unter den ministeriellen Villenbesitzern geben oder Anleger, die ihr Geld geschickt investiert haben. Allerdings verheimlicht Herr Kapeleris nicht, dass wohl nicht alle der Überprüften die Herkunft ihres Reichtums derart schlüssig werden erklären können. „Wir überprüfen alle, vom Millionär bis zum Taxifahrer“, versichert Herr Kapeleris gern, wenn wieder ein aufgeregter Anrufer ihn beschwört, einer Spur nachzugehen.

Da bei den öffentlichen Verkehrsmitteln wieder einmal gestreikt wird, ergibt sich auf der Rückfahrt in die Innenstadt die Möglichkeit, die Worte des Ioannis Kapeleris zu überprüfen. Quittungen? Er habe keine dabei, behauptet der Taxifahrer am Ende der Fahrt mürrisch. Das Nummerschild seines Taxis lautet „Tab 7477“. Vielleicht kann sich ja mal einer drum kümmern.

Steuerhinterzieher werden in Griechenland aktuell zur Kasse gebeten

Quelle: http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E013D06D41C974374B5DB32268F45E6F5~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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csluyuan

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Re: Steuerhinterziehung in Griechenland Am Pranger im Dienste der Zahlungsmoral

von csluyuan am 06.04.2013 11:27

Da bei den öffentlichen Verkehrsmitteln wieder einmal gestreikt wird, ergibt sich auf der Rückfahrt in die Innenstadt die Möglichkeit, die Worte des Ioannis Kapeleris zu überprüfen. Quittungen? Er habe keine dabei, behauptet der Taxifahrer am Ende der Fahrt mürrisch. Das Nummerschild seines Taxis lautet „Tab 7477". Vielleicht kann sich ja mal einer drum kümmern.



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