Griechenland verschafft sich Luft
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Griechenland verschafft sich Luft
von zazikilover am 14.04.2010 11:02Land verkauft erfolgreich neue Anleihen über 1,56 Milliarden Euro - Hoher Risikoaufschlag
Berlin - Das hoch verschuldete Griechenland hat erfolgreich neue Anleihen ausgegeben. Athen verkaufte Schuldverschreibungen für 1,56 Mrd. Euro. Papiere mit einer Laufzeit von sechs Monaten und einem Zinssatz von 4,55 Prozent waren fast achtfach überzeichnet. Jahresanleihen brachten einen Zinssatz von 4,85 Prozent. Für das frische Kapital zahlt Griechenland einen hohen Preis: Noch im Januar hatte Athen nur 1,38 Prozent Zinsen (sechs Monate Laufzeit) oder 2,2 Prozent (12 Monate) bezahlt.
Kann Griechenland weitere Anleihen verkaufen, muss es die von den Euroländern angebotene Kreditlinie von maximal 30 Mrd. Euro zu 5,3 Prozent für einen Drei-Jahres-Kredit zunächst nicht in Anspruch nehmen.
Unicredit-Analyst Kornelius Purps ist nur mäßig beeindruckt. "Die Euroländer haben quasi garantiert, dass Griechenland die nächsten zwölf Monate nicht Pleite gehen kann. Dass da die Nachfrage bei Kurzfristpapieren zu hohen Zinsen gigantisch sein würde, war klar. Bei einer zweijährigen Anleihe hätte es schon anders aussehen können." Ende April wollen die Griechen in den USA für mehrjährige Anleihen über zehn Mrd. Dollar werben. Am 19. Mai müssen sie zudem eine Zehnjahres-Anleihe über 8,5 Mrd. Euro zurückzahlen. Die drei großen Ratingagenturen Moody's, Standard & Poor's und Fitch halten ihre negative Bewertung griechischer Schuldtitel aufrecht. Carl Weinberg vom Fachdienst High Frequency Economics hat überschlagen, dass Athen bis Ende 2015 für neue Kredite und Zinsen 240 Mrd. Euro zahlen muss - so viel wie eine Jahreswirtschaftsleistung Griechenlands. Analyst Weinberg schlägt eine Restrukturierung aller griechischen Schulden vor: Alle bis 2035 fällig werdenden Anleihen Athens sollten in einen Topf geworfen, mit einer einheitlichen Laufzeit versehen und mit 4,5 Prozent verzinst werden. Griechenlands Finanzbedarf für den Schuldendienst werde so bis Ende 2015 um 60 Prozent vermindert, Athen könnte Luft für unverzichtbare Reformen bekommen. Eine Umschuldung wäre auch durch eine gekürzte Rückzahlung des Anleihebetrages möglich.
Offiziell ist Umschuldung freilich in Europa bisher kein Thema. Allein deutsche Banken hielten Ende September 2009 griechische Papiere im Wert von gut 43 Mrd. Euro - allen voran die verstaatlichte Hypo Real Estate hatte Griechenanleihen für zehn Mrd. Euro in den Büchern stehen. Stattdessen wollen die Euroländer Griechenland lieber mit Staatsgeld beispringen - bis zu 30 Mrd. Euro allein in diesem Jahr.
Die allein 2010 bis zu 8,4 Mrd. Euro auf Deutschland entfallenen Kredite würde die staateigene Kreditanstalt für Wiederaufbau auf Anweisung der Bundesregierung an Athen auszahlen. Dafür müsse die KfW keine neuen Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen, sondern könne das Geld "aus den Reserven und liquiden Mitteln" auszahlen, so ein Sprecher. "Der Charme dieser Lösung ist, dass sie nicht direkt den Bundeshaushalt belastet." Eine Kreditversicherung würde die KfW im Fall eines Milliardenkredites an Athen nicht kaufen. "Für uns als KfW wäre der Kredit durch die Bürgschaft der Bundesregierung abgesichert" - im Klartext: durch den Steuerzahler.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, glaubt, dass eine Milliardenhilfe an Griechenland die deutschen Finanzen langfristig belastet. "Künftig wissen Anleger, dass sie beim Kauf deutscher Anleihen auch ein Stück Griechenland mitkaufen. Dafür werden sie einen - wenn auch kleinen - Risikoaufschlag verlangen." Der staatlichen Finanzagentur zufolge gibt die Bundesrepublik in diesem Jahr Schuldtitel für 343 Mrd. Euro aus. "Selbst wenn Deutschlands Risikoaufschlag nur um 0,1 Prozent steigt, kostet uns das sofort Hunderte Millionen Euro", so der Oppositionspolitiker. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dagegen die Reaktion auf die erste Ausgabe griechischer Staatsanleihen als ein gutes Signal gewertet. "Was Griechenland anbelangt ist es so, dass eine Anleihe platziert werden konnte, die stark überzeichnet war. Das halte ich für ein gutes Signal", sagte sie.
quelle: http://www.welt.de/die-welt/wirtschaft/article7172407/Griechenland-verschafft-sich-Luft.html