Woher kommt das ganze Geld?

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zazikilover
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Woher kommt das ganze Geld?

von zazikilover am 11.05.2010 07:48

Die spektakuläre Rettungsaktion der Euro-Länder wirft viele Fragen auf. Die WELT gibt Antworten
Wie funktioniert das Auffangnetz?

Mit 750 Mrd. Euro wollen EU und Internationaler Währungsfonds (IWF) die Währungszone stabilisieren. Mit diesem Geld soll angeschlagenen Euro-Staaten geholfen werden, falls sie sich am Kapitalmarkt nicht mehr finanzieren können. Im Gegenzug sollen sie dafür Sparbedingungen erfüllen.

60 Mrd. Euro kommen aus EU-Gemeinschaftsmitteln. Darüber hinaus stehen die Mitgliedsstaaten bereit, diese Mittel durch eine Zweckgesellschaft aufzustocken, die sich am Markt mit bis zu 440 Mrd. Euro verschulden darf. Neben den Euro-Staaten sind an dem Fonds auch Schweden und Polen beteiligt. Der IWF wird bis zu 250 Mrd. Euro bereitstellen.

Warum plötzlich diese Eile nach monatelangem Tauziehen?

Die Krise in Griechenland weitete sich immer stärker auf andere Länder aus. In der vergangenen Woche stiegen die Zinsen , die Portugal und Spanien für neue Schulden zahlen müssen, auf neue Rekordniveaus. Würde sich der Schuldendienst dieser Länder weiter so verteuern, könnten auch diese Staaten wie Griechenland zahlungsunfähig werden. Außerdem mehrten sich Gerüchte, dass Investoren aus den USA gegen den Euro spekulieren wollen.

Gab es eine Alternative?

In der aktuellen Lage: kaum. Nichts zu tun hätte wohl bedeutet, dass die Zinsen für die angeschlagenen Länder weiter steigen und der Euro auf Talfahrt geht. Dieser Vertrauensverlust wäre kaum zu reparieren gewesen. Analysten kritisieren allerdings, dass die Regierungen zusammen mit dem Hilfsfonds keine verbindlichen Ziele zum Abbau der Staatsschulden beschlossen hätten.

Was ist noch möglich, wenn auch das scheitert?

Eine kaum zu beantwortende Frage. Eine Möglichkeit wäre, dass EU und IWF den Rettungsfonds weiter aufstocken - viele Experten fragen sich aber schon jetzt, wo die Gelder für das nun aufgelegte Rettungspaket herkommen sollen. Eine zweite Möglichkeit wäre, dass zahlungsunfähige Länder am Ende doch bankrottgehen müssen - und ihnen ein Teil ihrer Schulden erlassen wird.

Was ist die Rolle der USA und der Fed im Speziellen?

Der Dollar ist in Krisenzeiten internationale Fluchtwährung. Die US-Zentralbank (Federal Reserve) erklärte sich am Sonntag bereit, der Europäischen Zentralbank (EZB), der Schweizer Nationalbank, der Bank von England und der Zentralbank Kanadas Dollar zu leihen - im Fall der EZB gegen Euro als Sicherheit. Die EZB kann die Dollar dann Banken leihen, bei denen die Nachfrage nach Dollar ihre eigenen Reserven übersteigt. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise lieh die Federal Reserve Zentralbanken in Europa, Asien und Lateinamerika so mehr als 500 Mrd. Dollar. Die Maßnahme soll zur Beruhigung der Finanzmärkte beitragen.

Wie funktioniert das Aufkaufen der Staatsanleihen durch die EZB?

Notenbanken auf der ganzen Welt kaufen bereits seit eineinhalb Jahren im großen Umfang Staatsanleihen auf. Die EZB hat dies bislang immer ausgeschlossen - bis Montag. Sie kaufte irische, portugiesische oder griechische Staatsanleihen auf, und durch ihre Nachfrage drückt die EZB die Zinsen für die Staaten nach unten. Das Problem: Die Notenbank selbst sitzt damit auf riskanten Wertpapieren, die in Zukunft wertlos werden könnten, falls die Staaten doch pleitegehen - der Steuerzahler müsste dann haften. Und: Bei solch einer Notenbankpolitik können sich Regierungen ungehemmt verschulden, wenn eine Notenbank ihre Schuldtitel aufkauft - das ist in der Regel die Saat für eine Inflation.

Ist die EZB noch unabhängig?

Formal schon, und sie wird auch weiter nachdrücklich auf ihre Unabhängigkeit pochen. Allerdings ist der Aufkauf von Staatsanleihen der mit Abstand schlimmste Eingriff in die Unabhängigkeit der EZB, den man sich vorstellen kann. Das oberste Ziel der Notenbank sind stabile Preise. Nun finanziert sie die Schulden der Euro-Staaten und riskiert, dass es zu einer hohen Inflation kommt. Schon in den vergangenen Wochen musste die Notenbank ein Tabu nach dem anderen brechen, um die Märkte zu stabilisieren und die Rettungspakete der Politik nicht zu gefährden. Ihr blieb wohl keine andere Wahl - allerdings hat sie damit ihre Unabhängigkeit aufs Spiel gesetzt.

Was kostet uns die Rettung?

Vorläufig nichts. Entscheidend wird sein, wie viel Geld die Zweckgemeinschaft aufnehmen muss. Darin haften die Mitgliedsstaaten anteilig, vermutlich entsprechend ihrem Anteil am Kapital der EZB. Deutschland müsste demnach für rund 28 Prozent der Gelder einstehen. Doch damit Deutschland zur Kasse geben wird, müssen zwei Dinge eintreten: Erst einmal müssen die Hilfen beantragt werden. In diesem Fall müssen die Euro-Länder selbst kein Geld auf den Tisch legen, sie treten vielmehr als Garanten für das zu leihende Geld auf. Kosten treten für Deutschland nur auf, wenn ein Land, das Hilfsgelder bekommt, trotzdem seine Schulden nicht mehr zurückzahlen kann. Im schlimmsten Fall bedeutet das: Würden alle 440 Mrd. Euro beantragt werden und könnten die Euro-Staaten die gesamten aufgenommenen Gelder aus der Zweckgesellschaft nicht mehr zurückzahlen, kämen auf Deutschland Kosten in Höhe von rund 123 Mrd. Euro zu. Hinzu kommen die mögliche Aufstockung des IWF-Anteils und die bereits zugesagten Hilfen für Griechenland. Insgesamt könnten die Kosten für Deutschland auf über 150 Mrd. Euro steigen.


quelle: http://www.welt.de/die-welt/wirtschaft/article7574204/Woher-kommt-das-ganze-Geld.html

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