Griechenland: Auf Wut folgt Resignation

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zazikilover
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Griechenland: Auf Wut folgt Resignation

von zazikilover am 20.07.2010 09:00

Weniger Lohn, höhere Preise und großer Konsumverzicht – dennoch beteiligen sich in Griechenland immer weniger Menschen an den Streiks und Protesten.

In Griechenland streiken jetzt selbst die Polizisten gegen Einkommenseinbußen. Foto: dpa
Früher ging Manos Reppas am Wochenende gern mit seiner Frau ins Kino. Dann kam die Krise. "Jetzt denken wir zweimal nach, bevor wir 20 Euro für einen Kinobesuch ausgeben", sagt der 34-Jährige. Manos ist im öffentlichen Dienst beschäftigt. Er fährt einen Müllwagen im nordgriechischen Thessaloniki. Bis zum Frühjahr verdiente er, Überstunden und allerlei Zulagen eingerechnet, rund 1250 Euro im Monat. Doch dann setzte der sozialistische Premier Giorgos Papandreou sein Sparprogramm um. Die Zulagen der Staatsbediensteten wurden gekürzt, Überstunden abgeschafft, Weihnachts-, Oster- und Urlaubsgeld zusammengestrichen. Mit den Einsparungen will Papandreou sein hoch verschuldetes Land vor dem Staatsbankrott bewahren.

Manos bekommt jetzt nur noch rund 1000 Euro brutto im Monat, eine Einbuße von 20 Prozent. Auch seine Frau Nadja, die in einer Keksfabrik arbeitet, verdient jetzt weniger. "Unser Jahreseinkommen wird sich unter dem Strich um fast 10 000 Euro verringern", hat Manos ausgerechnet.

Die Familie spart, wo es geht. Kinobesuche sind ebenso gestrichen wie Essen gehen. Urlaub? "Nicht in diesem Jahr", sagt Nadja. Auch die Pläne für ein zweites Kind hat das Ehepaar erst einmal aufgeschoben. Weil sie jetzt kaum noch ausgehen, sparen sie sich auch die Kosten für die Babysitterin, die zuvor ihre dreijährige Tochter beaufsichtigt hat.In diesen Tagen gingen wieder Tausende Griechen auf die Straße. Die Beamtengewerkschaft Adedy hatte zum Streik aufgerufen. "Wir wollen für die Krise nicht bezahlen", skandierten die Demonstranten, darunter auch Polizisten, die sonst gewährleisten müssen, dass die vielen Demonstrationen friedlich ablaufen.

Manos winkt ab. Er hat nicht gestreikt. "Das bringt doch nichts", sagt er. "Die Regierung wird nicht nachgeben – das kann sie ja gar nicht." So denken immer mehr Griechen. Von Mal zu Mal beteiligen sich weniger Menschen an den Streiks und Protesten.

Die Krise hat das Leben sehr vieler Griechen verändert. Auch das von Theodoros Marinos. Er betreibt eine Tankstelle an der Nationalstraße 1, die von Thessaloniki nach Athen führt. "Der Absatz ist dramatisch eingebrochen", berichtet der Tankstellenpächter. Vor sechs Monaten kostete eine Tankfüllung rund 50 Euro. Dann erhöhte der Finanzminister mehrfach die Treibstoffsteuern. Auch die Mehrwertsteuer wurde seit dem Frühjahr bereits zweimal erhöht, zuletzt am 1. Juli von 21 auf 23 Prozent. Dadurch stieg der Benzinpreis binnen weniger Monate um rund 50 Prozent. Jetzt kostet Volltanken 75 Euro. "Viele tanken nur noch für zehn oder 20 Euro und vermeiden jede überflüssige Fahrt", sagt Tankstellenpächter Marinos.

Die Waschanlage steht meist still, einen Tankwart hat er bereits entlassen müssen. Michalis Kiousis, Präsident des Verbandes der Tankstellenbetreiber, beziffert den Absatzrückgang in den ersten sechs Monaten auf ein Drittel. "600 Tankstellen haben bereits aufgegeben, und von den verbleibenden 8200 sind mindestens 1000 wirtschaftlich in Gefahr", sagt Verbandspräsident Kiousis.

Nicht nur beim Benzin achten die Griechen verschärft aufs Geld. Auch der Einzelhandel klagt über ausbleibende Kunden. Und jene, die kommen, geben weniger aus. Der Lebensmittelhandel meldet für das erste Halbjahr einen Umsatzrückgang von rund fünf Prozent. Der Verkauf von Waschmitteln ging sogar um mehr als 14 Prozent zurück, meldet ein Marktforschungsunternehmen.

Doch die Griechen waschen nicht nur weniger, sie rauchen auch nicht mehr so viel. Bisher waren sie zwar die Europameister im Zigarettenkonsum. Aber schon dreimal in diesem Jahr hat Finanzminister Giorgos Papakonstantinou die Tabaksteuer erhöht. Die Packung Zigaretten hat sich um die Hälfte verteuert. Das verleidet immer mehr Hellenen den blauen Dunst. Das spürt auch Napoléon Papadopoulos. An der Stadiou-Straße in Athen betreibt er ein "Periptero": So heißen die Zeitungskioske in Athen, die neben Presseerzeugnissen tausend Kleinigkeiten verkaufen – und vor allem Zigaretten. "Mein Zigarettenumsatz ist um 30 Prozent eingebrochen", klagt der Kioskhändler, der selbst Nichtraucher ist. Er will jetzt sein Sortiment an Süßigkeiten erweitern und auf diese Weise versuchen, die Einbuße wenigstens zum Teil wieder wettzumachen.

Auch Miltos Sotiropoulos denkt über ein neues Geschäftsmodell nach. Er hat einen Gebrauchtwagenhandel an der Vouliagmenis-Avenue. Aber wer kauft jetzt ein Auto? Im Mai gingen die Neuzulassungen in Griechenland gegenüber dem Vorjahr um 54,4 Prozent zurück. Ein neues Auto? Manos ist zwar PS-begeistert, aber der alte Golf muss noch einige Jahre durchhalten. "Auch damit kann ich leben", sagt der junge Mann.

Auch die Rentenreform wird hingenommen

Wie viele Griechen hat er resigniert. Manos fügt sich in das Sparprogramm – auch aus der Einsicht: "So konnte es ja nicht weitergehen im öffentlichen Dienst." Erst im Januar gingen zwei seiner Kollegen in Pension – der eine war 55, der andere 57 Jahre alt. Beim Staatsfernsehen ERT, hat Manos gehört, gibt es sogar Redakteure, die bereits mit 48 ein Ruhegeld kassieren. Manos wird wohl bis 65 arbeiten müssen. So sieht es die Rentenreform vor, die gestern vom Parlament verabschiedet wurde. "Wenn das Rentenalter nicht nochmals erhöht wird, bis ich an die Reihe komme", sagt der 43-Jährige. "Immerhin bin ich unkündbar", tröstet sich der Kraftfahrer.

Das können nicht alle von sich sagen. Gestern beantragte die Supermarktkette "Atlantik" Gläubigerschutz. Das Einzelhandelsunternehmen, das 145 Filialen betreibt, drücken Schulden von 245 Millionen Euro. Jetzt bangen 3600 Beschäftige um ihre Arbeitsplätze.

Quelle: http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/ausland/griechenland-auf-wut-folgt-resignation--33408013.html

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vinnie

29, Männlich

Beiträge: 554

Re: Griechenland: Auf Wut folgt Resignation

von vinnie am 04.12.2020 14:26

Man sollte auch einfach mit dem Rauchen endlich mal aufhören...ich kann das Dampfen daher befürworten. Gerade erst einen neuen Head gekauft, siehe: https://www.e-zigarette24.com/dampfer-lexikon/head/

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